Anfang des Jahres hatte der Kartellsenat des BGH (Urteil vom 28.01.2020 – Az. EnZR 99/18) zu entscheiden, ob der zwischen der Stadtwerke Leipzig GmbH und der Stadt Leipzig geschlossene Wegenutzungsvertrag wegen der Mitwirkung sog. Doppelmandatsträger an dem Beschluss über den Zuschlag nichtig war.
Im Gaskonzessionierungsverfahren der Stadt Leipzig hatte der Stadtrat mit Beschluss vom 15.04.2015 entschieden, einen neuen Wegenutzungsvertrag mit der Klägerin abzuschließen, deren alleinige Gesellschafterin die Stadt war. Mitglieder des Aufsichtsrates der Klägerin waren unter anderem von der Stadt entsandte Stadträte. Mit ihrer Klage begehrte die Klägerin die Übereignung der Gasverteilungsanlagen von der beklagten Eigentümerin dieser Anlagen.
Entgegen der Auffassung der Vorinstanz (OLG Naumburg, Urteil vom 21.09.2018 – Az. 7 U 33/17) hat der BGH die Nichtigkeit im Sinne von § 134 BGB für den vorliegenden Gaskonzessionsvertrag verneint.
Der BGH stellt wiederholt klar, dass Gemeinden bei der Vergabe der Wegenutzungsrechte im Sinne des § 46 Abs. 2 EnWG eine marktbeherrschende Stellung innehaben und demnach sowohl aus dem Kartellrecht (§ 19 Abs. 2 Nr. 1 GWB) als auch aus dem Energiewirtschaftsrecht (§ 46 EnWG) zu einer transparenten und nichtdiskriminierenden Auswahl des Unternehmens verpflichtet sind, die sich an sachlichen Kriterien (vorrangig den Zielen des § 1 EnWG) auszurichten hat.
Aus diesem Neutralitätsgebot folgt, dass eine organisatorische und personelle Trennung zwischen Vergabestelle und Bewerber erfolgen muss. In Anlehnung an § 6 VgV besteht daher grundsätzlich ein Mitwirkungsverbot von Ratsmitgliedern, die bei einem Bewerber gegen Entgelt beschäftigt oder bei ihm als Mitglied eines Organs tätig sind. Dies gilt auch für Ratsmitglieder, die Mitglied im Aufsichtsrat des Bewerbers sind.
Jedoch führt nach Auffassung des BGH nicht bereits die Mitwirkung solcher
Doppelmandatsträger zur Nichtigkeit des Konzessionsvertrages. Vielmehr müsse hierfür eine unbillige Behinderung des unterlegenen Bewerbers vorliegen und sich das fehlerhafte Auswahlverfahren kausal auf die Zuschlagsentscheidung auswirken. Der Bewerber habe darzulegen und zu beweisen, dass ein Beruhen der Entscheidung auf dem Verfahrensfehler nach den gesamten Umständen des konkreten Falles zumindest möglich ist.
Für den Fall, dass ein Doppelmandatsträger nicht nur am Beschluss selbst, sondern auch am vorgelagerten Verfahren, etwa der Gestaltung der Zuschlagskriterien mitgewirkt hat, müsse aber wiederum die Gemeinde darlegen und beweisen, dass der Doppelmandatsträger seine Tätigkeit im Aufsichtsrat etwa für den maßgeblichen Zeitpunkt hat ruhen lassen und somit keine unbillige Behinderung eines Bewerbers in Betracht komme.
Im vorliegenden Fall war keine über die Zuschlagsentscheidung hinausgehende Mitwirkung der Doppelmandatsträger ersichtlich. Aufgrund der einstimmigen Entscheidung des Stadtrates war ferner nicht ersichtlich, dass die Entscheidung ohne Mitwirkung der Doppelmandatsträger anders ausgefallen wäre.
Ebenfalls lag aufgrund der Ausnahmeregelung in § 20 Abs. 1 Nr. 7 SächsGemO kein Verstoß gegen kommunalrechtliche Vorschriften vor, da die Stadträte von der Stadt entsandt wurden und ihre Aufsichtsratstätigkeit damit „als Vertreter der Gemeinde oder auf deren Vorschlag“ ausübten. Diese Ausnahmeregelung entspricht bspw. § 31 Abs. 2 Nr. 2 GemO NRW.