Koalition beschließt Maßnahmenpakt zur Sicherung einer bezahlbaren Energieversorgung

Die Koalition hat sich am 04.09.2022 auf weitere Maßnahmen zur Entlastung von Bürger*innen und Unternehmen verständigt, um die erwarteten hohen Preissteigerungen im Bereich des Energieverbrauchs abzufedern. Das dritte Entlastungspaket soll ein Gesamtvolumen von über 65 Milliarden Euro aufweisen und auf dem Energiemarkt unter anderem die Einführung einer "Strompreisbremse" beinhalten. Von Alexander Matzner.
1. Abschöpfung von "Zufallsgewinnen" als Ausgangspunkt
Ausgangspunkt des Maßnahmenpakets der Koalition ist die Annahme, dass derzeit für viele Energieunternehmen erhebliche Mehreinnahmen als "Zufallsgewinne" anfallen würden. Trotz gleichbleibender, günstiger Produktionskosten würden Energieunternehmen aufgrund des aktuellen Strommarktdesigns sehr hohe Marktpreise erhalten. Bedingt durch die Merit Order bestimme das teuerste für die aktuelle Stromerzeugung benötigte Kraftwerk den Preis für Strom – aktuell seien das Gaskraftwerke. Die Produktionskosten änderten sich jedoch für die meisten Stromproduzenten, etwa die Erneuerbaren, Kohle- oder Atomstrom, nicht. Deren kurzfristige Produktionskosten würden folglich deutlich unterhalb des sich ergebenden Marktpreises liegen, sodass für sie derzeit enorme Gewinne entstünden, die weitgehend unerwartet gewesen seien.
2. Änderung des europäischen Strommarktdesigns
Auf europäischer Ebene würden derzeit kurzfristige Notfallmaßnahmen diskutiert, um die aktuelle "Schieflage" im europäischen Strommarkt zu korrigieren und die Preise europaweit zu dämpfen. Dies beinhalte auch die Abschöpfung von "Zufallsgewinnen" bzw. die Einführung von Erlös- und Preisobergrenzen für besonders profitable Stromerzeuger.
Die Bundesregierung beabsichtigt, sich in der Europäischen Union dafür einsetzen, dass es schnell zu Verabredungen kommt. Dies gelte insbesondere für die angedachte Erlösobergrenze für Anlagen der Stromerzeugung mit geringer Kostenbasis. Dabei sollen die Bedingungen und Voraussetzungen auf Terminmärkten angemessen berücksichtigt werden, damit diese Märkte auch weiterhin funktionierten. Die Bundesregierung will sich darüber hinaus dafür einsetzen, dass die Europäische Kommission entsprechende Maßnahmen zur Vermeidung bzw. Abschöpfung von Zufallsgewinnen auch für Energieunternehmen außerhalb des Strommarktes entwickelt. Sollten die in Europa derzeit diskutierten Maßnahmen im Strommarkt nicht zeitnah verabredet und umgesetzt werden können, wird die Bundesregierung diese Anpassungen im Strommarktdesign selbst umsetzen.
3. Einführung einer "Strompreisbremse"
Die durch die teilweise Abschöpfung von "Zufallsgewinnen" entstehenden finanzielle Spielräume sollen gezielt für die Entlastung der Verbraucher*innen genutzt werden. In Deutschland soll dabei auf die Infrastruktur der EEG-Umlage aufgebaut und ein Höchstwert für die Erlöse am Spotmarkt festgelegt werden. Der Differenzbetrag zwischen Großhandelspreis und Erlösobergrenze soll an die Verteilernetzbetreiber abgeführt werden. Zur Abwicklung soll im Sinne eines "umgekehrten Weges der EEG-Umlage" auf die Zahlungswege aus der EEG-Förderung zurückgegriffen werden.
Nach Einführung der Erlösobergrenze soll aus deren Einnahmen eine "Strompreisbremse" für den Basisverbrauch eingeführt werden. Den Privathaushalten soll so eine gewisse Menge Strom zu einem vergünstigten Preis gutgeschrieben werden (Basisverbrauch). Die Haushalte sollen damit finanziell entlastet werden, gleichzeitig soll ein Anreiz zum Energiesparen erhalten bleiben. Für kleine und mittelständische Unternehmen soll dies ebenfalls greifen.
4. Dämpfung der steigenden Netzentgelte
Auch dem Anstieg der Netzentgelte im Strombereich soll durch eine Bezuschussung aus den abgeschöpften "Zufallseinnahmen" entgegengewirkt werden. Aufgrund der hohen Gaspreise würden insbesondere die Redispatch-Kosten in Form erhöhter Übertragungsnetzentgelte zum 01.01.2023 stark steigen.
5. Entlastungen beim CO2 - Preis
Schließlich soll die für den 01.01.2023 anstehende Erhöhung des CO2-Preises um fünf Euro pro Tonne im Brennstoffemissionshandel um ein Jahr auf den 01.01.2024 verschoben werden. Damit würden sich auch die bisher vorgesehenen Folgeschritte 2024 und 2025 entsprechend um ein Jahr verschieben. Um weitere Einsparungen von CO2-Emissionen im Verkehrsbereich zu ermöglichen, sollen im Etat des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr im Haushalt 2023 zusätzliche 500 Millionen und eine Milliarde Euro an Verpflichtungsermächtigungen zur Verfügung gestellt werden.
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