Beschluss der Sonder-MPK und des Bundeskanzlers

Der weitgehende Stopp der russischen Gaslieferungen nach Europa und die dadurch verschärfte Krise der Energieversorgung stand im Zentrum der Besprechung der Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder am 28.09.2022. Am 04.10.2022 fand dann eine Besprechung mit dem Bundeskanzler statt. Unter Hinweis auf das Erfordernis einer geschlossenen Zusammenarbeit zwischen Bund und Länder mit der Zielsetzung, die Sicherheit der Energieversorgung zu gewährleisten, wurde Folgendes beschlossen:
1. Aufbau einer Importinfrastruktur für Flüssiggas
Der schnelle Aufbau einer Importinfrastruktur für Flüssiggas (LNG) in Deutschland und zu den direkten Nachbarländern soll befördert werden. Es soll für zügige Planungs- und Genehmigungsverfahren gesorgt und darauf geachtet werden, dass die Infrastruktur zukünftig auch im Bereich Wasserstoff Anwendung finden kann.
2. Befristete Rückkehr von Kohle- und Mineralölkraftwerken
Die Umsetzung einer befristeten Rückkehr von Kohle- und Mineralölkraftwerken zur Strom- und Wärmeproduktion soll konstruktiv und unbürokratisch begleitet werden. Dazu sollen die rechtlichen und tatsächlichen Rahmenbedingungen, wie z.B. das Ersatzkraftwerkebereithaltungsgesetz, überprüft werden.
3. Schienentransport von Kohle
Um die für den Betrieb der Kohlekraftwerke nötigen Kohletransporte zu gewährleisten, soll der Vorrang beim Schienentransport unterstützt werden und ein enger Austausch mit allen Beteiligten erfolgen.
4. Temporärer Umstieg auf Öl oder Kohle (Fuel Switch)
Die Möglichkeit der Unternehmen, ihren Gasverbrauch durch einen temporären Umstieg auf Öl oder Kohle (Fuel Switch) zu reduzieren, soll befördert und durch schnelle Prozesse bei den Genehmigungsverfahren unterstützt werden.
5. Ausbau erneuerbarer Energien / Steigerung der Energieeffizienz
Betreffend den Ausbau der erneuerbaren Energien sowie die Steigerung der Energieeffizienz, sollen die notwendigen Rahmenbedingungen geschaffen werden. Im Rahmen des angestrebten Pakts für Planungs-, Genehmigungs- und Umsetzungsbeschleunigung sollen weitere Hemmnisse im Zusammenhang mit der Planung und der Genehmigung von Erneuerbare-Energieanlagen sowie von Netzanbindungen identifiziert und abgebaut werden.
6. Energiesparen
Durch eine gemeinsame Kraftanstrengung bei der Einsparung von Energie soll eine Gasmangellage vermieden werden. Bund und Länder bekennen sich zum Ziel der Europäischen Union, im Zeitraum vom 01.08.2022 bis 31.03.2023 15 Prozent Gas im Vergleich zum Durchschnittsverbrauch der letzten fünf Jahre einzusparen.
7. Gaspreisbremse
Mit der „Gaspreisbremse“, als dem zentralen Element eines wirtschaftlichen Abwehrschirms, soll der Preis für den Gasverbrauch von Haushalten und Unternehmen für eine bestimmte Verbrauchsmenge im Vergleich zum Marktpreis reduziert werden. Die Ausgestaltung soll unter Berücksichtigung der Arbeit der „ExpertInnen-Kommission Gas und Wärme“ festgelegt werden, die im Oktober Vorschläge präsentieren soll. Zur Finanzierung der Gaspreisbremse soll der Wirtschaftsstabilisierungsfond (WSF) neu ausgerichtet und vom Bund im Jahr 2022 mit zusätzlichen Kreditermächtigungen in Höhe von 200 Milliarden Euro ausgestattet werden. Die Mittel des WSF sollen auch für Ersatzbeschaffungskosten der systemrelevanten Gasimporteure zur Verfügung gestellt werden.
8. Strompreisbremse
Betreffend die Entlastung bei den Strompreisen soll zunächst ein europäischer Ansatz verfolgt werden. Sollte dieser nicht kurzfristig umsetzbar sein, beabsichtigt die Bundesregierung einen Gesetzentwurf zur Einführung einer „Strompreisbremse“ in den Deutschen Bundestag einzubringen, mittels derer die Kosten für den „Basisverbrauch“ reduziert und eine Dämpfung der Stromnetzentgelte erreicht werden soll. Zur Gegenfinanzierung sollen im Energiesektor erzielte „Über- bzw. Zufallsgewinne“ abgeschöpft werden.
9. Wohngeldreform / Heizkostenzuschuss
Mit einer Wohngeldreform soll das Wohngeld ab dem 01.01.2023 erhöht und künftig vom Bund finanziert werden. Noch in 2022 soll ein einmaliger Heizkostenzuschuss gezahlt werden, dessen Auszahlung möglichst unbürokratisch mittels eines vereinfachten Verfahrens erfolgen soll.
10. Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft und Industrie
Mit Blick auf die hohen Energiepreise ist ein industriepolitischer Plan zur Stärkung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft und Industrie sowie zur Sicherung von Arbeitsplätzen notwendig. Der Bund beabsichtigt, die Länder in den im Juni 2022 begonnenen Dialogprozess für eine „Allianz für Transformation“ einzubeziehen.
11. Rückwirkende Wirtschaftshilfen / Schutzschirm für Stadtwerke
Weitere Hilfsmaßnahmen und etwaige Steuersenkungen sollen vom Zeitpunkt und der Wirkung der Energiepreisbremsen abhängig gemacht werden. Dabei soll geprüft werden, ob rückwirkend Wirtschaftshilfen und Härtefallregelungen, insbesondere für die Industrie, kleine und mittlere Unternehmen, Handwerk und Einzelhandel, kommunale Energieversorger (Schutzschirm für Stadtwerke), Krankenhäuser sowie Universitätskliniken und Pflegeeinrichtungen, die soziale Infrastruktur, Kulturveranstaltungen und Sport oder eine Anpassung des Kurzarbeitergeldes an die aktuelle Situation erforderlich sind. Hierüber soll bis spätestens Ende Oktober gesondert beraten werden, sobald die Einzelheiten zur Wirkung der Energiepreisbremsen absehbar sind.
12. Aussetzung der Insolvenzantragspflicht
Die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht sowie Maßnahmen im Wohnungswesen (Schutz vor Kündigungen, Schutzschirm für die Wohnungswirtschaft) wird für nötig angesehen. Zudem sollen Regelungen zur Stundung von Steuern und die Aussetzung von Steuervorauszahlungen vorgesehen werden.
Den vollständigen Beschluss finden Sie hier.
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